13 maj 2013

Östen Sjöstrand, der Dichter, der Antike und Gegenwart verbindet

Östen Sjöstrand wurde am 16. Juni 1925 in Göteborg geboren und starb am 13. Mai 2006 in Stockholm. Sjöstrand war von 1949 bis 1974 mit der Schriftstellerin und Literaturkritikerin Ella Hillbäck verheiratet. Der Schriftsteller gehört zu den wenigen Autoren, die bereits sehr jung zur katholischen Kirche übergetreten sind.

Wie bei sehr vielen Autoren der Gegenwart, so weiß man über die Kindheit und die Jugend von Östen Sjöstrand relativ wenig. Nach seinen eigenen Aussagen interessierte sich der Schriftsteller während des Gymnasiums für Naturwissenschaft und hielt die Poesie für eine Art Philosophie mit der man undefinierbare Gefühle ausdrückt, die außer dem Autor nur wenige begreifen können.

Östen Sjöstrand, Ensamma stjärnor, en gemensam horisont. Dikter i urval av författaren, Svalans lyrikklubb, ALbert Bonnier Förlag, Stockholm, 1970

Diese Einstellung zur Lyrik sollte sich für Östen Sjöstrand jedoch im Laufe der 40er Jahre ändern, als er die Werke von Paul Valéry entdeckte. Ganz plötzlich zeigte sich für Sjöstrand, dass Lyrik ähnlich der Naturwissenschaft nach Perfektion strebt und jedes Wort eine wichtige Rolle spielt, er entdeckte, dass ein Gedicht erst dann zur Literatur wird, wenn seine Aussage auf keine andere Weise ausgedrückt werden kann. Da sich Sjöstrand zudem zur Musik hingezogen fühlte, wollte er seiner Lyrik auch eine Melodie verleihen, die die Aussage jedes Werkes noch gefühlsmäßig überträgt.

Im Jahre 1949 legte Östen Sjöstrand dann seine erste Sammlung an Gedichten unter dem Titel Unio vor, Gedichte, die sehr deutlich von der französischen Poesie beeinflusst wurden und, wie auch jene von Lars Forssell, die Angst der Nachkriegszeit in Schweden ausdrücken. Auch wenn die beiden Dichter anschließend eigene Wege in der Lyrik gehen, so spürt man in Unio und Ryttaren die gleiche Dunkelheit und die gleiche Zukunftsangst, die das lyrische Schaffen Ende der 40er Jahre dominierte.

Die nächsten drei Werke von Östen Sjöstrand zeigen die Auseinandersetzung des Dichter mit der Religion, genauer genommen dem Katholizismus, dem er sich in dieser Zeit anschließt und man spürt in manchen der Gedichte den Kampf des Dichters zwischen Mystik und tiefem katholischem Glauben, die sich in gewisser Weise sehr nahe stehen und dennoch auf ein anderes Dogma aufbauen. Am deutlichsten tritt dies in seinem Werk Återvändo zu Tage, das Sjöstrand im Jahre 1953 veröffentlichte.

Erst nachdem sich Östen Sjöstrand Mitte der 50er Jahre endgültig klar über seinen religiösen Weg ist, wird er auch zu einem Dichter, der sich selbst gefunden hat. Mit seiner Gedichtsammlung Främmande mörker spürt man, dass der Schriftsteller nun eine Verbindung zwischen dem aufstrebenden Europa und der Antike sieht und er greift in seinen Gedichten zur Ästhetik, die ihre Wurzeln noch in der griechischen Dichtung haben, wobei er seine Themen jedoch aus der Gegenwart holt. Diese Entwicklung, die von den Kritikern stark gelobt wird, verhelfen Sjöstrand auch dazu als einer der bedeutendsten Dichter der Mitte des 20. Jahrhunderts anerkannt zu werden.

Etwa zur gleichen Zeit beginnt  Östen Sjöstrand auch die damals modernen französischen Poeten zu übersetzen um diese dem schwedischen Publikum näher zu bringen. Die erste Anthologie der französischen Lyrik veröffentlicht Sjöstrand gemeinsam mit Gunnar Ekelöf unter dem Titel Berömda franska berättare. Während der 60er Jahre gelang es dem Lyriker zahlreiche der in Schweden bis dahin vollkommen unbekannten französischen Dichter einem neuen Publikum vorzustellen.

In den Folgejahren veröffentlicht Östen Sjöstrand nur noch relativ wenige Werke, was mit Sicherheit damit zusammenhängt, dass er erst Redakteur für die von der Svenska Akademien gegründeten kulturellen Zeitschrift Artes wurde und wenig später auch in die Akademie gewählt wurde um nach Pär Lagerkvist auf dem Stuhl Nummer 8 Platz zu nehmen. In der Svenska Akademien, insbesondere auch dem Nobelkomitee, nahm Sjöstrand eine sehr wichtige Rolle ein, obwohl er wenig an die Öffentlichkeit trat. Nahezu 20 Jahre lang übte er hier seinen Einfluss bei der Wahl der Nobelpreisträger in Literatur aus, wobei er dabei insbesondere auf Ästhetik Wert legte, die einen bleibenden Eindruck in der Welt der Literatur behalten sollte.

Östen Sjöstrand, dem zahlreiche der bedeutenden Literaturpreise Schwedens überreicht wurden, beschränkte sich bei seinem Schaffen jedoch nicht nur auf Lyrik, Essays und Übersetzungen, sondern er schrieb auch mehrere Librettos für moderne Opern, wobei er bei einigen der wichtigsten Werke, zum Beispiel der Oper Gästabudet aus dem Jahre 1962, mit dem Komponisten Sven-Erik Bäck zusammenarbeitete.

Dem Lyriker Östen Sjöstrand gelang es nie ein volksnaher Dichter wie sein französisches Vorbild Paul Veléry zu werden, denn die erlesene Sprachwahl berührte nie das breite Publikum. Sjöstrands Wortwahl wurde von dieser Gruppe als hochtrabend und nahezu weltfremd empfunden. Umso größer ist seine Bedeutung bei der Elite der europäischen Dichtkunst, die im akademischen Kreis gesucht wird.

Copyright: Herbert Kårlin

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